PARTEILICHE FLÜCHTLINGSPOLITIK – WIEDER EINMAL AUF DEM RÜCKEN DER MENSCHEN AUSGETRAGEN

Das kleine Dorf Upahl mit 508 Einwohnern im Nordwesten von MeckPomm hat es mit seinen Problemen bis in die Tagesschau und damit in die bundesweite Öffentlichkeit gebracht. Es geht um die Unterbringung von Flüchtlingen und der Umgang der Parteien damit.

Dauerthema ist die Unterbringung von Flüchtlingen einerseits aus dem Kriegsgebiet der Ukraine und andererseits besonders aus Syrien und Afghanistan, verschärft durch die Kriegsfolgen dort und dann noch zusätzlich durch das verheerende Erdbeben. Es geht immer wieder um die Frage der Zuteilung und der Unterbringung. Vielfach mussten Turnhallen herhalten und der Sportunterricht fiel aus.

MeckPomm zusammen mit Brandenburg und Schleswig-Holstein nahmen im Gegensatz zu NRW und Niedersachsen erheblich weniger Flüchtlinge auf. Der „Königsteiner Schlüssel“, nach dem die Geflüchteten verteilt werden, berücksichtigt Einwohnerzahl, Steueraufkommen und aktuelle Bestandszahl. MeckPomm hat im Januar 586 neue Flüchtlinge (Januar Vorjahr=278, November 687, Dezember 644) aufgenommen. Dazu 22 000 Menschen aus der Ukraine, die keinen Asylantrag stellen brauchen. Der Städte- und Gemeindetag MV forderte die Erhöhung der Erstaufnahme-Kapazität von derzeit 1700 auf 4700 Plätze – wie im Jahr 2015. Er sieht daher das Land in der Verantwortung und betont, eine echte Integration und Akzeptanz der Anwohner könne demnach nur gelingen, wenn die Menschen, die zu uns kommen, nicht nur verwahrt und auf platte Wiesen verbannt werden. Das Innenministerium von MV wies diese Initiative zurück. Aber letztendlich bleibt das Land in der Verantwortung und muss auch die Kosten der Unterbringung allein tragen. Hier wird natürlich wieder ein Geschiebe der Verantwortung auf dem Rücken der Menschen (der Flüchtlinge, wie der Bewohner) ausgetragen. So dann auch in Upahl. Das Land (regiert von SPD und Linke) verlangte vom Landrat Schomann (CDU) aus Nordwest-Mecklenburg die Unterbringung von Flüchtlingen.

Für diesen Landkreis – hier liegt das Dorf Upahl – mit seinen 157 000 Einwohnern lag die Zahl der neuaufgenommenen Flüchtlingen im Januar bei 88. Landrat Schomann betont immer wieder, dass der Landkreis darüber hinaus ja schon 700 Menschen aus der Ukraine mehr, als im Verteilungsschlüssel vorgesehen, aufgenommen hat, also insgesamt 2700 aus der Ukraine.

Nun hat der Landrat ein kommunaleigenes Grundstück am Rande eines Gewerbegebietes in Upahl ausgeguckt, um dort ein Containerdorf für bis zu 400 (!) Menschen zu errichten. Über Kosten wurde Stillschweigen gelegt. Laut Recherchen der SVZ vom 9.2.23 sollen sich die Gesamtkosten auf ca. 5,7 Mio. € belaufen, davon für die Pacht 81 300 €, die Miete der Container 2,4 Mio. €, die Bewachung 1,1 Mio. €, der Aufbau des Fundamentes 1,22 Mio. € und für die Betreuung 600 000 €. In der Öffentlichkeit argumentierte er, dass das Land angeblich diese Vorgaben für 400 Plätze gemacht hätte. Das wies es aber zurück. Dann schob Schomann nach, dass sich – es lebe der Kapitalismus – das alles erst in diesen Größenordnungen rechnenwürde. Das wäre billiger und koste weniger Verwaltungsaufwand, als mehrere kleine Unterkünfte, die im Kreis verteilt wären.

Dann ging das unselige demokratiefeindliche Verhalten weiter. Eine eilig einberufene Kreistagssitzung – natürlich begleitet von massiven Protesten von rund 700 Teilnehmern – verabschiedete einen Beschluss zum Bau des Containerdorfes, angeblich weil die Mietverträge mit der Containerfirma sonst auslaufen würden. Mit 26 Ja bei 19 Gegenstimmen (da war auch Petra dabei) wurde der Beschluss gefasst.

Die AfD stimmte komplett dagegen. Was keiner verstand und was empörend ist, warum der Landrat die Bürgerversammlung in Upahl erst eine Woche nach der Kreistagssitzung einberufen hatte. Dann folgte im Februar noch eine von der AfD einberufene Sondersitzung des Kreistages, die den Beschluss rückgängig machen sollte, aber an der Mehrheit scheiterte. Nun will die Linke noch eine weitere Sondersitzung, um zumindest die Belegungszahlen deutlich zu reduzieren.

Ein Krisengipfel jagte den nächsten. Erst einmal rief Landrat Schomann die Bürgermeister des Kreises zu einem sogenannten „Asylgipfel“ am 20.2.23 zusammen. Rhena lehnte wegen fehlender Grundstücke ab. Gadebusch mit 5500 Einwohner soll 100 bis 150 Menschen aufnehmen. Der Bürgermeister von Dorf Mecklenburg trat von seinem Amt wegen „verfehlter Asylpolitik“ zurück. Der Ball wurde wieder der Landesregierung zugespielt. Landesmutter Schwesig hat angeblich den Landrat aufgefordert, doch die Zahlen in Upahl zu reduzieren. Alle Fraktionen des Kreistages lehnten die Einmischung in ihren Angelegenheiten ab. Dann forderten die Minister von MV einen Krisengipfel in Berlin. Außer die Bildung von Arbeitsgruppen hat der auch nichts gebracht. Bis Ostern will Innenministerin Faeser Ergebnisse vorlegen. Ein so kleines Dorf, ohne entsprechende Infrastruktur, mit fast der doppelten Menge an Flüchtlingen zu belasten, fordert natürlich Ängste und den Proteste heraus. Der Bürgermeister von Gadebusch, wo auch Proteste, wie Autokorso, Demos und die Sammlung von 1700 Unterschriften gegen eine Flüchtlingseinrichtung stattfanden, spricht von einer Spaltung der Bevölkerung. Vielen sei die Gemeinschaftsunterkunft egal, viele würden sagen, wir müssen den Flüchtlingen helfen und viele – wohl mehr als die 1700 – sind strikt gegen den Zuzug von Flüchtlingen. Hier könnte die Stadt aber die die 100 bis 150 Flüchtlinge verkraften.

Die parteipolitischen Spielereien, das Hin- und Hergeschiebe der Verantwortung, darf nicht auf dem Rücken der betroffenen Menschen ausgetragen werden. Damit wird nur der AfD und den rechten Kräften im Land in die Hände gespielt. Immer wieder Demos zu den Versammlungen, mal 100, mal 500, mal 700, wie bei der ersten Kreistagssitzung, wo die Polizei Mühe hatte, eine Stürmung zu verhindern. Wortführer – häufig bekannte Rechte, noch nicht einmal aus der Region. An der Spitze Leif-Erik Holm, der zum Bürgermeister in Schwerin kandidieren will und sofortigen Aufnahmestopp fordert. Zu seiner Veranstaltung (der AfD) nach Grevesmühlen kamen allerdings „nur“ 60 Leute. Auf die Frage, wo sollen denn die Flüchtlinge hin, kam die Antwort von einem extremen Rechten „Dann erschießt sie doch“.

Landrat Schoman bekam Morddrohungen. In Greifswald, wo auch ein Containerdorfgeplant ist, konnten der Oberbürgermeister und der Bürgermeister nur unter Polizeischutz den Veranstaltungssaal verlassen. In der Kleinstadt Loitz drohten Bürger mit Lynchjustiz gegen Asylbewerber. Die Upahler und auch anderswo fühlen sich von den herrschenden Politikern allein gelassen. Die Aussage bei den Protesten von den Anwohnern – „nur die AfD hat uns ernst genommen und geholfen“ – offenbart die Spaltung und das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

Daran wird doch deutlich, dass viel mehr mit Bedacht und weitergehenden Überlegungen an diese Frage heranzugehen ist. Wir haben das hohe Recht auf Asyl, was grundsätzlich nicht infrage gestellt werden darf, und damit muss im Sinne der beiden Betroffenen – Flüchtlinge, wie Einwohner – sehr sorgsam umgegangen werden.

Der Flüchtlingsrat in MV forderte, dass neben einem Nahverkehrsanschluss und Einkaufsmöglichkeiten, auch Kita, Schule und Allgemeinmediziner verfügbar sein müssten. Soziale Betreuung sei wichtiger als Bewachung. Die Gemeinde Upahl hat nun erst einmal beim Verwaltungsgericht einen Baustopp erwirkt, da das Beteiligungsrecht bei der Baugenehmigung missachtet wurde.